Die Woche im Rückblick. Ab sofort am Ende jeder Woche.
Tag 1: Wildes und mehr oder minder unkoordiniertes Literatursammeln, ungeordnetes Abfragen diverser Schlüsselwörter. Abstracts lesen, Inhaltsangaben durchforsten, Bücher in der Bibliothek bestellen, Literaturliste anlegen. Wesentliche Hilfsmittel: das Internet, der Campus-Katalog, die Bibliographie der Modern Language Association, Google Scholar. Stundenpensum: 5… na gut, wenn man ehrlich rechnet, waren’s doch eher nur 3.
Tag 2: Wie Tag 1. Die Literaturliste der wichtigen Titel wächst unaufhörlich, schwillt auf drei, vier Seiten.
Tag 3: Wie Tag 1 und 2. Literaturdatenbanken und elektronische Zeitschriften durchforsten, alles downloaden, was man (vielleicht) brauchen kann (Hamstern). Die Erfahrung lehrt hier eigentlich, dass man mehr als die Hälfte sowieso nach der Einleitung wieder löscht. Ärgerlich: für viele Zeitschriften hat die Universität Hamburg kein Abo. Kleine Abhilfe: Bibliotheksausweis der Bundeswehruni; vor Jahren mal angeschafft – noch zu BWL-Zeiten, und das ist lang, lang her. Effektives Arbeitspensum vorsichtig auf vier… fünf Stunden gesteigert.
Tag 4: Wie Tag 1, 2 und 3. Erster vorsichtiger Einstieg ins Lesen. Langsam! Gestört wird dieses Unterfangen durch permanente Literaturhinweise in den Texten, denen man natürlich nachgehen will – also Suche nach denselben nach o.g. unkoordiniertem Muster. Die Erfahrung lehrt auch hier, dass sich die meisten dieser Hinweise im Sande verlaufen werden und/oder nicht relevant sind.
Tag 5: Wie… oben. Erster Kontakt zur Auβenwelt. Ein Telefonat.
Tag 6: Besuch am Abholregal in der Staatsbibliothek. Erschrockener Ausruf stört die Stille: „Scheisse, hab ich wirklich so viel bestellt?“ Die Erfahrung lehrt hier, dass man bei diesen Mengen Literatur in der nahen Zukunft garantiert ein paar Bücher im Regal vergisst. [Gebührengefahr: hoch].
Tag 7: Der fest vorgenommene Plan, sich einem oder zwei Standardwerken zur Kernlinguistik und/oder zum näheren Themenbereich systematisch und tiefgründig zu nähern, scheitert an der Prämisse, doch bitte mit dem Hausbau nicht am Dach zu beginnen. Also lieber erst mal was Historisches. Geht immer.
Tag 8: Die wilde Literatursuche wechselt sich permanent mit sprunghaften Überlegungen ab, auf dem Weg zum Magisterabschluss noch schnell Irisch zu lernen. Dazu hat man sich – auch und besonders für die Arbeit – bereits mit Grundgrammatiken eingedeckt. Doch ohne Begleitkassetten steht man bei dieser Sprache schon nach dem ersten Absatz von Lektion 1 ob der abartigen Aussprache auf verlorenem Posten. Zur Korrelation von Orthographie und Artikulation später mehr. Beschämende Rückkehr zur Literatursichtung.
Tag 9: Das Wochenende rückt näher. Und mit ihm der Hauptgrund der plötzlichen Motivationssteigerung. Ich darf das Haus verlassen. Wer jetzt einwirft, dass eine Woche nur sieben Tage hat, dem sei die Ausnahmeregelung ans Herz gelegt, wonach ich ab sofort christlich am siebten Tage ruhen werde, mit meiner Arbeit aber an einem Freitag begonnen habe, weshalb die erste Arbeitswoche zehn Tage hat. Alles Klar?
Tag 10: Langsam verliere ich den Überblick. Welche Bücher sind schon bestellt? Die Kunst besteht darin, kein Buch vorzumerken, das man bereits bestellt oder auf dem Schreibtisch liegen hat. [Gebührengefahr: gering.] Welche Titel sind bereits im eigenen Literaturverzeichnis gelistet und mit der Signatur aus welcher der vielen Institutsbibliotheken versehen? An welche Zeitschriften kommt man nur über Studentenkontakte in aller Welt heran? Und wo kann man – in mühevoller Selbstaufgabe! – einen Artikel halt doch noch althergebracht kopieren?
Fazit: Was haben die früher bloβ ohne Internet gemacht?